Alterungsprozesse durch regelmäßiges Training stoppen
Im Alter kommt es zu physiologischen Veränderungen des Körpers wie z.B. die Abnahme der Muskelmasse mit gleichzeitiger Zunahme der Fettmasse. Da Muskeln im Ruhezustand am meisten Energie verbrauchen, sinkt durch die Abnahme der aktiven und fettfreien Muskelmasse gleichzeitig der Energiebedarf. Im Alter kommt es außerdem zu Veränderungen der Geruchs- und Geschmacksinne, die nicht nur den Appetit beeinträchtigen, sondern auch die tägliche Energiezufuhr über die Nahrung. Bei Kau- und Schluckbeschwerden greifen Ältere lieber auf weiche und weniger vollwertige Lebensmittel (z.B. Weißmehlprodukte, Kekse, Milchreis) zurück, wodurch weniger Vitamine und Mineralstoffe aufgenommen werden.![]() (Quelle: Shutterstock, 2011) |
Zudem sollten die Lebensmittel auf dem Speiseplan stehen, die über eine hohe Nährstoffdichte verfügen. Damit sind Lebensmittel gemeint wie Obst, Gemüse, Getreideprodukte, Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fisch und Hülsenfrüchte. Aber alleine die Ernährung ist nicht genug, denn regelmäßiges Sporttreiben verhilft den Älteren zu einem besseren Gesundheits- und Gemütszustand.
In Studien an Älteren konnte man zeigen, dass die Bettlägerigkeit von 2 bis 4 Wochen zu einer verminderten Widerstands- und Leistungsfähigkeit führen kann. Es kam zu Störungen der Kreislauffunktion, des Fett- und Blutzuckerstoffwechsels und auch die Muskelkraft wurde deutlich reduziert. Bewegungsmangel macht krank und gilt mittlerweile als Risikofaktor für Ältere, denn der Muskelverlust erhöht die Gefahr für Stürze und Knochenbrüche, wodurch die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung aufgrund der körperlichen Einschränkung nicht mehr gegeben ist. Ältere müssen bei einem bewegungsarmen Lebensstil bis zum 80. Lebensjahr mit einem alterbedingten Muskelverlust von 20 bis 40 Prozent rechnen. Der alterassoziierte Muskelschwund geht mit Kräfteverluste einher und erschwert den Älteren die typischen Alltagsaktivitäten wie Treppensteigen, Einkaufen gehen, Reinigungsarbeiten zu Hause. Mittlerweile konnte man bei Älteren vielfältige positive Auswirkungen von regelmäßiger körperlicher Bewegung und Training beobachten wie z.B.:
- Steigerung der Gedächtnisleistungen und des vegetativen Nervensystems
- Senkung der Stresshormone und Verbesserung der Widerstandskraft
- Abnahme der Herzfrequenz im Ruhezustand und bei Belastung
- Senkung des Blutdrucks stärkt Herz- und Kreislauffunktion
- Zunahme der Sauerstoffversorgung der Muskel- /Gehirnzellen
- Normalisierung des Blutzuckers durch bessere Insulinempfindlichkeit
- Zunahme der Fettoxidation senkt Körperfett
- Verbesserung des Verhältnis von HDL zu LDL Fetten
- Abnahme der Blutfette (Cholersterin, Triglyceride)
- Senkung des Entzündungsparameters C-reaktives Protein (CRP)
- Erhöhung des Appetits und Energiebedarfs durch höhere
- Steigerung der Knochendichte durch regelmäßige Kraftbelastung
Das Ziel körperlichen Trainings ist den Verlust an Muskelmasse und Kraft zu verringern, denn Studien an Älteren konnten zeigen, dass 50 Prozent der über 80-Jährigen eine Sarkopenie aufweisen. Sarkopenie ist in der Medizin der altersbedingte Muskelschwund und Kraftverlust, der bei Älteren mit erhöhten Stürzen und Verletzungen verbunden ist. Um das Risiko von Stürzen zu verhindern, empfehlen Sportwissenschaftler und Mediziner schon seit geraumer Zeit ein Training aus Kraft-, Koordination- und Beweglichkeitsübungen. Das Trainingsprogramm könnte wie folgt aussehen:
- Moderates Ausdauertraining über 30 Minuten an 5 Tagen pro Woche oder ein höheres intensives Ausdauertraining über 20 Minuten an 3 Tagen pro Woche. Die Intensität sollte so gewählt werden, dass man während der Belastung noch normal atmen und sich mit einem Trainingspartner unterhalten kann (z.B. Trainingspuls 100-130).
- Krafttraining mit ca. 60 Prozent der Maximalleistung (z.B. 10-15 Wiederholungen bei 8-10 Kraftübungen) 2 bis 3-mal pro Woche. Bei der Bewegungsausführung keine Pressatmung, sondern gleichmäßig und ruhig atmen.
- Nach dem Kraft- und Ausdauertraining
![]() (Quelle: Shutterstock, 2011) |
Wer mit dem Training beginnen möchte, sollte aber vorerst eine Sportart wählen, die nicht nur Spass macht, sondern die Gesundheit durch extreme sportliche Belastung nicht gefährdet. Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention aus der Sektion Alterssport haben 10 Goldene Regeln für Sporttreibende aufgestellt, die für Anfänger jeden Alters eine gute Hilfe sein können.
10 Goldene Regeln für gesundes Sporttreiben nach dem DGSP 2004
1.Vor dem Sport Gesundheitsprüfung
- Besonders Anfänger und Wiedereinsteiger über 35 Jahre
- Bei Vorerkrankungen oder Beschwerden
- Bei Risikofaktoren: Rauchen, Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten, Diabetes, Bewegungsmangel, Übergewicht
- Wenn ja, dann: Erst zum Arzt, dann zum Sport
2.Sportbeginn mit Augenmaß
Trainingsintensität:
- langsam beginnen und die Belastung steigern (erst Dauer, dann Häufigkeit und Intensität)
- möglichst unter Anleitung (Verein, Lauftreff,Fitness-Studio)
- Informationen beim Landessportbund oder der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention
- Sport möglichst 3 - 4 mal in der Woche für 30 - 40 Minuten
3.Überbelastung beim Sport vermeiden
- Nach dem Sport darf eine "angenehme" Erschöpfung vorliegen
- Laufen ohne (starkes) Schnaufen
- Sport soll Spaß, keine Qualen bereiten
- Evtl. Trainingspuls vom Sportarzt geben lassen
- Besser "länger oder locker" als "kurz und heftig"
4.Nach Belastung ausreichende Erholung
- Nach einer sportlichen Belastung auf ausreichende Erholung (Regeneration,Schlaf) achten
- Nach intensivem Training "lockere" Trainingseinheiten einplanen
5.Sportpause bei Erkältung und Krankheit
- Bei "Husten, Schnupfen, Heiserkeit", Fieber oder Gliederschmerzen, Grippe oder sonstigen akuten Erkrankungen: Sportpause, anschließend allmählicher Beginn
- Im Zweifelsfall: Fragen Sie den Sportarzt
6.Verletzungen vorbeugen und ausheilen
- Aufwärmen und Dehnen nicht vergessen Verletzungen brauchen Zeit zum Ausheilen
- Schmerzen sind Warnzeichen des Körpers (Keine Spritzen zum Fitmachen)
- Zum Ausgleich vorübergehend andere Sportart betreiben
- Im Zweifelsfall den Sportarzt fragen
7.Sport an Klima und Umgebung anpassen
Kleider machen Sportler: Kleidung soll angemessen, funktionell, nicht unbedingt modisch sein.
- Luftaustausch beachten, an Witterung anpassen
- Kälte: warme Kleidung, windabweisend, durchlässig für Feuchtigkeit (Schweiß) nach außen
- Hitze: Training reduzieren, Flüssigkeitszufuhr beachten
- Höhe: verminderte Belastbarkeit
- beachten, angepasste Kleidung und Trinkverhalten
- Luftbelastung (Schadstoffe, Ozon): Training reduzieren, Sport am Morgen oder Abend
8.Auf richtige Ernährung und Flüssigkeitszufuhr achten
- Kost kohlenhydrat- und ballaststoffreich, fettarm ("südländische Kost")
- Kalorien dem Körpergewicht anpassen (bei Übergewicht weniger Kalorien)
- Flüssigkeitsverlust nach dem Sport durch mineralhaltiges Wasser ausgleichen
- bei Hitze mehr trinken
- Merke: Bier ist kein Sportgetränk! Aber: Ein Glas Alkohol (Wein, Bier) darf gelegentlich sein!
9.Sport an Alter und Medikamente anpassen
- Sport im Alter ist sinnvoll und notwendig
- Sport im Alter soll vielseitig sein (Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination)
- Auch im Alter: Fitness ist gefragt
- Medikamente sowie deren Einnahmezeitpunkt und Dosis dem Sport anpassen
- Fragen Sie Ihren Sportarzt
10. Sport soll Spaß machen
Auch die "Seele" lacht beim Sport
- Gelegentlich die Sportart wechseln: Abwechslung im Sport ist wichtig
- Mehr Spaß bei Sport in der Gruppe oder im Verein
- Bewegung, Spiel und Sport sind Vergnügen
- Sport auch im Alltag: Treppen steigen statt Aufzug, Zu Fuß zum Briefkasten,
- Schnelles Gehen (Walking) ist Sport!
- Nordic Walking ist besonders zu empfehlen
- Wird gewohnter Sport anstrengend, an Erkrankung denken
- Regelmäßige, auch sportärztliche, Vorsorgeuntersuchung hilft Schäden zu vermeiden
Hinweis: Jetzt kann der Arzt auch ein Rezept für sportliche Aktivitäten verschreiben, denn seit 2012 ist das in den Bundesländern Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig Holstein und Thüringen gültig. Das Rezept kann nur in den Institutionen eingelöst werden, die das Qualitätssiegel „Sport pro Gesundheit“ erhalten und tragen. Weitere Infos unter http://www.sportprogesundheit.de
Literatur:
- Heseker H., Menebröcker C., Schmidt A., Wetzel S., (2007): Veränderungen von Körperfunktionen, Senioeren in der Gemeinschaftsverpflegung, aid infodienst Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e.V., Bonn, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
- Löllgen H., (2008): Alter schützt vor Training nicht! Prävention der Sarkopenie, Phoenix Ärztemagazin, Ernährung & Lebensqualität, 2/08, Herausgeber und Verlag Dr. med. Volker Flörkemeier, MEDI DIDAC GmbH
- Mayer F, Gollhofer A, Berg A., (2003): Krafttraining mit Älteren und chronisch Kranken, DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Jahrgang 54, Nr. 3 (2003)
- Hollmann W, Strüder H., (2003): Gehirngesundheit, -leistungsfähigkeit und körperliche Aktivität, Jahrgang 54, Nr. 9 (2003) DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Predel HG., (2007): Bluthochdruck und Sport, DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Jahrgang 58, Nr. 9 (2007)
- Kemmler W, von Stengel S, Mayer S, Engelke K, Kalender WA., (2010): Training, Risikofaktoren und Gesundheitskosten älterer Menschen: Senioren Fitness und Präventionsstudie (SEFIP), Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin Jahrgang 61, Nr. 11 (2010)
- Geilhof B, Siegrist M, Blank W, Landendörfer P, Freiberger E, Halle M., (2011): Sturzprävention bei älteren Menschen im Setting der Hausarztpraxis [Pre-Falls], Abstracts, Jahrgang 62, Nr. 7-8 (2011) Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin
- Heitkamp HC, Kubek M., (20119: Zur möglichen Umsetzung von neurobiologischen
- Zusammenhängen in die Methodik des Seniorensports, Abstracts, Jahrgang 62, Nr. 7-8 (2011) Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin
- Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), (2004): 10 Goldene Regeln für gesundes Sporttreiben aus der Sektion Breiten-, Freizeit- und Alterssport der DGSP, August 2004, eingesehen am 02.02.2012 http://www.dgsp.de/
- Pressemitteilung Deutsches Ärzteblatt (2012): Bundesweites Rezept für Bewegung verfügbar, eingesehen unter www.aerzteblatt.de